Kreuzbandverletzungen nicht regelhaft sofort operieren
Kreuzbandrisse heilen bei 20 bis 25 Prozent der verletzten Sportler ohne operative Maßnahmen dauerhaft stabil aus. Voraussetzung hierfür ist ein guter Faserkontakt der Rissenden ohne Zerfetzung. Diese Rissform liegt viel häufiger vor als früher vermutet. Sie kann im Kernspintomogramm häufig bereits ohne Arthroskopie erkannt werden.
Die noch an manchen Kliniken generell übliche sofortige Gelenkspiegelung ist vielfach unnötig, sie kann das Vernarbungsrisiko erhöhen und verhindert bei aggressivem Vorgehen durch Ausspülen der Stammzellen und Aufdehnen der Fasern die natürliche Heilung.
Denkbar sind in ausgewählten Einzelfällen (Teil-Zerfetzung) die frühzeitige Operation zur Anfrischung und zusätzlichen Anregung der natürlichen Vernarbungsvorgänge oder/und die Eigenblut-Injektion mit Thrombozyten (ACP), den körpereigenen Blutgerinnungsplättchen, die konzentriert Wachstumsfaktoren beinhalten.
Die entstandene Kreuzbandnarbe kann nach Abschluss der natürlichen Vernarbungsphase von sechs Wochen mit Bewegungsbegrenzung in einer speziellen Kreuzbandschiene im Seitenvergleich untersucht und ohne erneute Bildgebung (Kernspin) von Hand getestet werden. Dabei ist wiederum die Erfahrung des Untersuchenden für eine sichere Aussage entscheidend.
Wenn nach diesen sechs Wochen keine seitengleiche Stabilität durch Vernarbung festgestellt werden kann, sollten weiterhin die bewährten operativen Verfahren zum Tragen kommen. Die rein muskuläre Stabilisierung eines Kniegelenks ohne stabile vordere Kreuzbandheilung gelingt nur im Ausnahmefall, bei geringem sportlichem Anspruch ohne Sprung oder Richtungswechsel. Es besteht ständig die Gefahr erneuter Verrenkung mit Meniskus- und Knorpelfolgeschäden. Die Operationstechniken konnten nach vorausgehender Schienenbehandlung verfeinert sowie um die Anfrischung und den Bündelersatz als teils einfachere und weniger belastende Verfahren ergänzt werden.
Es empfiehlt sich also, der Natur ihre Chance zu lassen. Zwingende Gründe für eine Sofortversorgung bleiben weiterhin der eingeklemmte Meniskus, der rexierbare femorale Abriss des Kreuzbandes mit möglicher Refixation und die Aussprengung von Knorpel-Knochenteilen aus der Gelenkfläche, natürlich auch der explizite Wunsch des Patienten.
Mittelbayerische Zeitung/ 07./08. Juli 2018 ; Autor: Dr. Gerhard Ascher
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